"Wir müssen mehr unkonventionelle Kommunikationsformen erzeugen"
Im Interview mit der Campaigning Academy Berlin spricht Melanie Gömmel, Social Media Redakteurin beim WWF, darüber, warum gutes Bild- und Videomaterial essentiell für erfolgreiche digitale Kampagnen ist und fordert von NGOs mehr Mut zu unkonventionellen Kommunikationsformen.
Volker Gaßner: Der WWF Deutschland ist eine der erfolgreichsten Organisationen, wenn es um die Kommunikation im Social Web geht. Habt ihr eine Social Media Strategie? Was sind die wichtigsten Punkte eurer Strategie?
Melanie Gömmel: Wir sind schon relativ „alte Hasen“ beim Einsatz von Social Media, unser Erfolg ist das Ergebnis von vielen Jahren, zehntausenden Tweets und Postings. Wir sind zwar nicht so aufgestellt wie die New York Times, versuchen aber, mit einem überschaubaren Ressourceneinsatz ein Maximum für den Naturschutz herauszuholen. Unser Ziel ist es, die Netzgemeinde in einem ersten Schritt für Umwelt- und Naturschutzthemen zu sensibilisieren. Dafür identifizieren wir dann die relevanten Medien, Beiträge und Autoren. Unsere Strategie und Herangehensweise wird an den aktuellen Kampagnenschwerpunkt angepasst.
Volker Gaßner: Was sind deine fünf Tipps für eine erfolgreiche Kommunikation auf Facebook, Twitter und Co?
Melanie Gömmel: Gutes Bild- und Videomaterial ist extrem wichtig. Ein gutes Bild entscheidet häufig darüber, ob ein Beitrag bei den Usern ankommt. Auch Videos werden (selbst mobil) immer beliebter im Netz. Treibende Kraft hinter dieser Entwicklung sind unter anderem die sozialen Netzwerke selbst. Der Facebook News Feed-Algorithmus wird es goutieren, wenn neue Videos hochgeladen werden. Das heißt aber nicht, dass jeder Tweet mit einem Bild oder Video aufbereitet werden muss (nicht übertreiben!) Und: Standards für die Bildrecherche, Watermarks etc. erleichtern den internen Workflow extrem.
Die Erfolgsfaktoren müssen ständig neu evaluiert werden. Was heute gut funktioniert, kann morgen schon ganz anders sein. Formate im Netz nutzen sich schnell ab – Plattformen, Algorithmen und Mechanismen verändern sich ständig und die Kommunikationstools der Zukunft werden immer heterogener. Auch weniger erfolgreiche Kampagnen/Videos/Postings/Tweets sollten deshalb nicht in der Schublade verschwinden, sondern weiterentwickelt und neu interpretiert werden.
Zum anderen hilft es, öfter danke zu sagen, die engagierte Community wertzuschätzen und Erfolge zu kommunizieren. Wir bekommen viel von unseren Supportern und sollten dafür auch etwas zurückgeben. Die Community freut sich über einen Hauch Positivität.
Außerdem sollten NGOs den Mut haben, unkonventionelle Kommunikationsformen zu kreieren und die richtigen Gelegenheiten finden, sich abseits vom „Organisationssprech“ darzustellen. Dabei geht es meist gar nicht um große, radikale Veränderungen. Auch kleine, neue Formate können den gewünschten Effekt bringen.
Und das bringt mich zum letzten Punkt: Unsere Geschichten entfalten umso mehr Kraft, je mehr die Social-Media-Kommunikation mit anderen Instrumenten vernetzt ist. Marketing- und Kommunikationsverantwortliche sollten das gesamte Spektrum der Kommunikationsmöglichkeiten nutzen und stets neue kreative Wege erarbeiten, über alle Touchpoints das Interesse zu wecken und Menschen zum Mitmachen zu bewegen.
Volker Gaßner: Was war eure erfolgreichste Kampagne in den letzten Jahren?
Melanie Gömmel: Besonders erfolgreich in Bezug auf unser Kampagnenziel war unsere Kampagne zum Thema Great Barrier Reef: Da soll einer der weltgrößten Kohlehäfen ausgebaut werden. Das wollten wir unbedingt stoppen. Einer der möglichen Finanziers war die Deutsche Bank. Deshalb haben wir gemeinsam mit Campact kurzfristig eine Petition gestartet und innerhalb von zehn Tagen über 200.000 Unterschriften zusammenbekommen. Es gab extrem viele Kommentare, Likes, Shares. Ergebnis war, dass die Deutsche Bank auf ihrer Aktionärs-Hauptversammlung eine Beteiligung am Kohlehafen ausschloss. Ein Riesenerfolg für uns.
Volker Gaßner: Was waren die entscheidenden Faktoren des Erfolgs?
Melanie Gömmel: Bestimmte Kampagnen und Aktionen sind erst dann besonders erfolgreich, wenn sie mit Offline-Aktivitäten und klassischer Pressearbeit Hand in Hand gehen. Erfolgreich in Bezug auf unsere Reichweite in den Kanälen sind wir meist dann, wenn wir große, zum Teil internationale Kampagnen mit einer starken Dringlichkeit, einem bekannten Gegner, einer guten Story, tollen Bild- oder Videomaterial an unsere Fans/Follower kommunizieren. Da spielen sehr viele Faktoren eine Rolle.
Volker Gaßner: Was bewegt euch aktuell? Bei welcher Kampagne sollten sich unsere Leser momentan bei euch beteiligen?
Melanie Gömmel: Die Kollegen sind gerade in der Vorbereitung für unsere neue Kampagne mit einem ganz neuem Ansatz, die Anfang März starten wird. Mehr darf ich aktuell noch nicht verraten.