"Es geht darum, eine Kampagne so durch zu deklinieren, dass sie auf allen Kanälen erfolgreich erzählt werden kann."
Im ersten Teil des Interviews mit der Campaigning Academy Berlin spricht Tobias Spörer, Geschäftsführer der Hamburger Kreativ-Agentur elbkind, über die unverzichtbaren Bestandteile erfolgreicher Kampagnen, die Messbarkeit von Erfolg und erklärt die Ideen, auf denen preisgekrönte Kampagnen von elbkind aufbauen.
Volker Gaßner: Herr Spörer, wie definieren Sie als Geschäftsführer einer Kreativagentur eine Kampagne?
Tobias Spörer: Eine Kampagne ist für mich ein Highlight, welches die kontinuierliche und andauernde Markenkommunikation zum Beispiel über Kommunikations-, PR- und Social Media-Kanäle verstärkt oder flankiert und aufmerksamkeitsstark weiterträgt.
Volker Gaßner: Was macht für Sie eine gute Kampagne aus? Und was gehört zu den unverzichtbaren Bestandteilen einer Kampagne?
Tobias Spörer: Viele Kanäle und viele unterschiedliche Möglichkeiten und Erwartungen der User und Marken auf diesen Kanälen erfordern angepasste und individuelle Inhalte. Dabei geht es nicht um fraktale Markenführung sondern darum, eine Kampagne so durch zu deklinieren, dass sie auf allen Kanälen erfolgreich erzählt werden kann. Gleichzeitig hört für uns als Social Media Agentur die Arbeit nach der Kampagne nicht auf, sondern fängt erst an. Denn dann gilt es, Marke und Leute in den Dialog zu bringen, sie zu aktiven Fans zu machen und für langfristige Markenkontakte zu sorgen. Nachhaltige Effekte stellen sich nicht nach einer Woche oder einer Kampagnenlaufzeit ein - das ist ein langer, oft auch steiniger Weg. Eine gute Kampagne im Social Web sorgt für Reichweite und lehrt die Marke, auch ihre Kunden noch besser zu verstehen.
Volker Gaßner: Für ihre Kampagnen haben Sie viele Preise bekommen. Welche Kampagne, die Ihre Agentur entworfen hat, sind sie besonders stolz? Bitte skizzieren Sie kurz die Kampagne und Ihre Elemente.
Tobias Spörer: Preise sind neben Vorträgen und der Präsenz bei wichtigen Branchenveranstaltungen unser Marketinginstrument – und daher wichtig für die Agenturentwicklung. Ein Preis zeichnet zum einen unsere tägliche Arbeit aus und wertschätzt zum anderen das Vertrauen des Kunden in uns als Agenturpartner. Und ist natürlich Antrieb und Motivation für alle. Für elbkind steht aber nie die Goldidee im Mittelpunkt, sondern eine Wirkung für den Kunden. Eine meiner Lieblingskampagnen von elbkind ist die RITTER SPORT Blog-Schokolade. Ziel dieser ersten umfassenden Crowdsourcing-Aktion im deutschen Social Web war es, Social Media so zu nutzen, dass Unternehmen und Kunden sich noch besser kennenlernen. Die Blog-Schokolade entstand komplett durch Fan-Input – von der Auswahl der Zutaten bis zum Verpackungsdesign. Am Ende steht nicht nur die demokratischste Schokosorte der Welt, sondern auch ein einmaliger Einblick in die Wünsche der treuesten Kunden. Es wurden tausende Vorschläge eingereicht und die Community beteiligte sich intensiv an allen Stufen der Entwicklung. Die Blog-Schokolade wurde auch mit mehreren Awards ausgezeichnet.
Eine weitere tolle Kampagne war die Rügenwalder Mühlen Allstars Tour 2013 – die übrigens noch keine Preise gewonnen hat. Bei dieser Kampagne haben wir im Rahmen der Kampagne „Familienunternehmen mit Gesicht“ die Mitarbeiter der Rügenwalder Mühle mit ihren Produkten auf einen Roadtrip durch ganz Deutschland geschickt. Neben dem direkten, ungefilterten Kontakt zwischen Produkt, Marke und Kunden standen auch aufwändig gestaltete Spiele im Fokus der Tour, bei denen die Mitarbeiter – die „Mühlen Allstars“ – die User on- und offline zum Wettkampf aufforderten. Die gesamte Aktion führte dabei auf sehr direkte Art und Weise zum Ursprung von Social Media zurück: dem persönlichen Dialog zwischen den Menschen. Gleichzeitig bot die Tour eine einzigartige Verknüpfung von On- und Offline-Elementen. Nicht zu vergessen das sensationelle Aufrufvideo mit Christian Ulmen alias Alexander von Eich und die über eine Million YouTube-Views.
Volker Gaßner: Wie messen Sie als Agentur den Erfolg einer Kampagne?
Tobias Spörer: Wir messen den Erfolg einer Kampagne oder Aktion - aber auch unserer kontinuierlichen Social Media Arbeit immer sowohl quantitativ als auch qualitativ. Durch die Veränderungen der Nutzungsgewohnheiten und die Demokratisierung des Netzes durch Social Media ist die Reichweite als alleinige Messgröße natürlich nicht sinnvoll. Immer wieder flammen zudem auch Diskussionen um gekaufte Views und gefakte Kommentare auf - nicht nur darum ist es wichtig, qualitative Messgrößen in den Vordergrund zu stellen. Darüber hinaus lässt sich der Erfolg einer Social-Media-Maßnahme über viele verschiedene Tools aber auch die Insights der jeweiligen Kanäle quantitativ sehr genau messen – und somit auch für den Kunden sehr genau überprüfen. Sowohl quantitativ als auch qualitativ.
Volker Gaßner: Was war für Sie die beste Werbe-Kampagne der letzten Jahre und warum?
Tobias Spörer: Die "Real Beauty"-Kampagne von Dove ist für mich schon jetzt ein Klassiker der Werbegeschichte. Von Anfang an hat die Kampagne für Diskussionen gesorgt und hatte oft ihren Ursprung im Digitalen. So wurde beispielsweise der Clip „Evolution“ zu einem Hit im Social Web und später auch im deutschen TV. In diesem Jahr gab es ja mit „Dove Real Beauty Sketches“die erfolgreiche Fortsetzung.
Und dann natürlich die TippEx-Kampagne „Hunter and Bear“. Die interaktiv weltweit Millionen begeistert. Viel geiler sind für mich aber kommerzielle Produkte, die einen Mehrwert für die Menschen bieten und sich so langfristig am Markt etablieren. So wie Nike Plus, die mittlerweile die größte Running-Community der Welt geworden ist.
Lesen Sie am Mittwoch den zweiten Teil des Interviews mit Tobias Spörer. Darin skizziert er die Zusammenhänge zwischen einer Werbekampagne und einer politischen Kampagne und verrät, mit welcher Taktik seine Agentur bei der Konzeption großer Kampagnen vorgeht.