First Democratic Debate
Hillary Clinton hat mit ihrem TV-Auftritt bei der ersten demokratischen Debatte in Las Vegas ihre Favoritenrolle im Wahlkampf der US-Demokraten unterstrichen. Dabei kommt ihr die Erfahrung aus vergangenen Wahlkämpfen zugute, sagt Julius van de Laar. Die Republikaner reden im US-Vorwahlkampf über Donald Trump, die Demokraten über Themen. Das hilft vor allem Favoritin Hillary Clinton. Herausforderer Bernie Sanders müsste Clinton angreifen, sagt er. Doch seine Kampagne verbietet das.
Im heute Interview analysiert der Kampagnenberater die Tv-Debatte wie folgt:
heute.de: Herr van de Laar, vor der ersten TV-Debatte der Demokraten stand Hillary Clinton unter enormem Druck. Stichwort: E-Mail-Affäre. Wie ging sie damit um?
Julius van de Laar: Im Vorfeld war ganz klar: Hillary Clinton musste punkten. Sie stand unter Druck, ihre Umfragewerte waren am Taumeln. In der Debatte hat sie aber einen sehr starken Auftritt geboten. Da muss man einfach sagen: Clinton fühlt sich wohl auf der Bühne der Präsidentschaftsbewerber, sie hat Erfahrung – während ihre Kontrahenten, inklusive Bernie Sanders, zum ersten Mal auf dieser Bühne stehen. Das hat man gemerkt. Außerdem hat sie einen Riesenvorteil im Vergleich zu den anderen, unbekannteren Kandidaten: Es gibt in diesem Jahr lediglich sechs Debatten der Demokraten. Die anderen Kandidaten, über die bisher kaum berichtet wurde, nämlich Martin O’Malley, Lincoln Chafee und Jim Webb, haben so nur wenig Zeit, haben so nur wenige Gelegenheiten, um zu zeigen, wer sie sind. Sie müssen angreifen, doch das ist ihnen in der TV-Debatte nur teilweise gelungen.
heute.de: Auch Bernie Sanders, Clintons schärfster Konkurrent, verzichtete gestern auf eine direkte Attacke. Sie sind Wahlkampfberater, haben an Obamas Kampagne mitgearbeitet. Hätten Sie Sanders zu mehr Angriffslust geraten?
Van de Laar: Als Bernie Sanders gesagt hat, dass sich "die amerikanische Öffentlichkeit nicht für die verdammten E-Mails" von Clinton interessiere, war tatsächlich ein überraschender Moment. Er hätte Clinton dort angreifen können - was viele auch erwartet haben. Allerdings war Sanders da in einer schwierigen Position: Seine Kampagne setzt vor allem auf wirtschaftliche Themen. Das soll die Mittelschicht ansprechen. Seine Botschaft ist vor allem, dass er Washington von Grund auf verändern will. Da würde der angreifende, vernichtende Ton, den man sonst aus Washington kennt, nicht passen. Insofern war es eine gute Entscheidung, Hillary Clinton nicht frontal zu attackieren.
heute.de: Sanders muss also über Inhalte punkten?
Van de Laar: So ist es. Sanders setzt da auf die Ungleichheit bei den wirtschaftlichen Voraussetzungen, die wachsende Schere zwischen Arm und Reich. Dafür hat er in den vergangenen Wochen und Monaten eine enorme Resonanz bekommen. Seine Veranstaltungen waren zum Teil gigantisch, er hatte bis zu 20.000 Zuhörer, und Hillary Clinton damit weit übertroffen. Auch bei den Spendeneinnahmen hat er aufgeholt. Sanders versucht nun, bei der Ungerechtigkeit zwischen Mittelschicht und Wall Street anzugreifen. Thematisch war das auch einer der größten Kontraste der TV-Debatte zwischen ihm und Hillary Clinton. Zum Teil ist ihm das gelungen.
heute.de: Als wir Sie im April zu Hillary Clintons Kandidatur interviewt haben, sagten Sie, die Demokraten hätten keine Alternative zu ihr. Würden Sie das heute wiederholen?
Van de Laar: Momentan erfährt Bernie Sanders enormen Zuspruch, gerade bei der liberalen Basis. Dennoch glaube ich nicht, dass sich die Demokraten Sanders, und damit einen ausgesprochenen Sozialisten, als Kandidaten wünschen. Im Hauptwahlkampf gegen die Republikaner hat Clinton mit ihrer Erfahrung gegenüber Sanders eine bessere Ausgangsposition.
heute.de: Apropos Republikaner: Die TV-Debatte der Demokraten drehte sich um Schusswaffen, die Macht der Banken, Kapitalismus im Allgemeinen – um Themen also. Ein starker Kontrast zu den Republikanern, bei denen Donald Trump polarisiert, wo er nur kann.
Van de Laar: Dieser Kontrast ist spannend zu beobachten. Während der republikanischen Debatten der vergangenen Wochen standen weniger die Inhalte im Vordergrund als das bombastische Auftreten Donald Trumps, das vor allem von harten persönlichen Attacken gekennzeichnet war. Die Debatte der Demokraten in Las Vegas war da eine komplett andere. Im Zentrum stand zwar auch die Zuspitzung zwischen Bernie Sanders und Hillary Clinton, allerdings war diese vorwiegend durch inhaltliche Differenzen und politische Themen geprägt. Es war das erste Mal, dass sich die beiden direkt miteinander auseinandersetzen mussten – und man hat den Unterschied zwischen beiden gut gesehen. Innenpolitisch konnte Bernie Sanders in vielen Aspekten gut mithalten. Außenpolitisch war der Vorsprung Clintons jedoch klar erkennbar.
heute.de: Mit Vizepräsident Joe Biden stellt sich derzeit bei einem ähnlich erfahrenen Politiker die Frage, ob er noch in den Wahlkampf einsteigen wird. Welche Rolle würde er spielen?
Van de Laar: Eine Kandidatur von Biden würde vor allem Hillary Clinton treffen. Sie würde deutlich mehr Stimmen verlieren als Bernie Sanders. Allerdings weiß Biden genau, wie es um eine Kandidatur zu diesem Zeitpunkt bestellt ist. Er hat weder Spendengelder noch ein Wahlkampfteam. Außerdem rücken die Deadlines näher. Er müsste seinen Namen in sämtlichen Bundesstaaten auf die Wahlzettel bekommen. Das ist kein einfaches Unterfangen. Außerdem hat Clinton in der TV-Debatte gut abgeschnitten. Hätte sie sich anders präsentiert, wäre durchaus Platz für Biden im Präsidentschaftswahlkampf gewesen. Ich gehe davon aus, dass er sich schlussendlich gegen eine Kandidatur entscheiden wird.
Erst im November 2016 wählen die Amerikaner einen Nachfolger von Amtsinhaber Barack Obama. Dennoch muss Hillary Clinton sich auf einen harten Vorwahlkampf einstellen."I'm a progressive. But I'm a progressive who likes to get things done.", war eines ihrer starken Zitate des Abends. Auch wenn Clinton als klare Favoritin der Demokraten gilt, führt Donald Trump momentan deutlich vor allen anderen republikanischen Bewerbern. Es bleibt spannend, ob sie sich gegen ihn als Kandidaten für die Präsidentschaftswahl durchsetzen könnte. Und auch ihr Vorsprung gegenüber dem Links-Kandidaten Bernie Sanders bleibt zu beobachten.